Wenn gleiche Arbeit unterschiedlichen Lohn rechtfertigt

written by Thomas Schulze | Gehalt

Juni 30, 2025

Lohn für gleiche Arbeit kann unterschiedlich sein – das BAG, warum für fast dieselben Aufgaben unterschiedlicher Lohn zulässig ist.


BAG-Urteil: Trotz gleicher Arbeit unterschiedliche Löhne

Am 26. Februar 2025 entschied der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts (Az. 4 ABR 21/24), dass eine Medizinische Fachangestellte (MFA) im ambulanten OP-Bereich zwar fast dieselben Aufgaben wie eine Operationstechnische Assistenten (OTA) erfüllt, aber dennoch anders eingruppiert werden darf. Warum das zulässig ist und auch für andere Berufsgruppen wichtig ist, das erfahren Sie hier.


🔍 Hintergrund des Falls

  • Eine gelernte MFA wechselt im März 2024 vom Empfang in den Ambulanten OP (AOP).
  • Der „Arbeitgeber“ beantragt, sie von Entgeltgruppe 5 in Entgeltgruppe 6 Stufe 2 TVöD/VKA umzugruppieren – mit etwa 250 € monatlich mehr.
  • Der Betriebsrat lehnte ab: Die Tätigkeiten im OP entsprächen weitgehend denen einer OTA, daher solle die MFA in eine Pflegetarifgruppe (P8) eingeordnet werden.

⚖️ Rechtlicher Kern für unterschiedlichen Lohn

  • Nach § 12 TVöD richtet sich die Eingruppierung nach Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltordnung – allgemein in Teil A, spezifisch in Teil B.
  • Für MFA gilt laut Tarifvertrag (Teil B, Abschnitt XI Ziffer 12) der allgemeine Teil A, nicht die Pflegegruppen für OTA.
  • Entgeltstufe 6 setzt voraus (zusätzlich zu MFA-Abschluss): gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, die über die Ausbildungsinhalte hinausgehen – z. B. spezielle Kenntnisse zu OP-Geräten, Anästhesie, Medikamenten.

🧠 Die Entscheidung

Das BAG entschied, dass die Unterschiede in Ausbildung und Tarifregelungen keinen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) darstellen. Bei tariflicher Autonomie genügt ein einleuchtender Grund für unterschiedliche Eingruppierungen. Die MFA-Ausbildung ist breiter, weniger operativ fokussiert als bei OTA – das rechtfertigt die Eingruppierung in EG 6.


🧩 Bedeutung für Fach- und Führungskräfte

  1. Tarifverträge genau lesen
    Welche Regelungen gelten – allgemeine Entgeltordnung oder Sonderregelungen?
  2. Ausbildung & Qualifikation beachten
    Unterschiede in der fachlichen Tiefe können Lohnunterschiede rechtfertigen – auch bei ähnlichen Tätigkeiten.
  3. Tätigkeitsprofil präzisieren
    Dokumentieren Sie Skills, Verantwortungen und Spezialisierungen (z. B. Geräteexpertise), um Ihren Anspruch zu untermauern.
  4. Betriebsrat einbinden
    Bei Um- oder Höhergruppierung frühzeitig zustimmen lassen – samt nachvollziehbarer Begründung.
  5. Rechtliche Beratung einholen
    Gerade bei Tarifunterschieden und potenziellen Gehaltsdifferenzen lohnt sich rechtlicher Rat.

🗝️ Fazit – Wann sind Lohnunterschiede gerecht?

  1. Gleiche Tätigkeit? Ja – MFA und OTA können im OP dieselben Abläufe ausführen.
  2. Unterschiedliche Ausbildung? Ja – Op-spezifische OTA-Ausbildung vs. breitere MFA-Ausbildung.
  3. Tarifliche Grundlage? Ja – allgemeine Eingruppierung (Teil A) ist maßgeblich für MFA.
  4. Wesentlicher Unterschied? Ja – Ausbildungstiefe und Tarifregelungen sind „einleuchtende Gründe“.

➡️ Ergebnis: Kein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebot – unterschiedliche Gehälter sind aus tariflicher Sicht zulässig.


💼 Anwendung für Ihre Praxis

Dieser Fall zeigt klar: „gleiche Arbeit“ ≠ „gleicher Lohn“, wenn Ausbildung, Tarifgrundlage und Fachkenntnisse unterscheiden. Wer Gehaltsverhandlungen führt oder tarifliche Eingruppung prüfen möchte, sollte gezielt Qualifikationen und tarifliche Regelverweise herleiten – das stärkt die Position und vermeidet Fallstricke.


Wenn Sie in Verhandlungen Ihren Lohn oder Ihr Gehalt optimieren möchten – insbesondere für mehr Gehalt nach Steuern – helfe ich Ihnen gerne weiter.💡


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